Downsizing und Arbeitsrecht
Downsizing und Arbeitsrecht

Downsizing und Arbeitsrecht

Beitrag, Deutsch, Korts Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Autor: Sebastian Korts, M.I.Tax, MBA

Herausgeber / Co-Autor: RA/FAStR/MBA/M.I. Tax Sebastian Korts

Erscheinungsdatum: 2002

Quelle: Freizeit & Spiel Juli/August 2002


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Downsizing ist mittlerweile nicht mehr nur ein Synonym für die Wertsteigerung durch Verkleinerung von Autos. Die Automobilbranche hat in den letzten Jahren als Vorreiter den Downsizing-Effekt auch auf ihre Konzerne und Betriebe angewendet und hauptsächlich durch Outsourcing die Bilanzen optimiert. Auch in vielen anderen Branchen ist die Ausgliederung von Betrieben und Betriebsteilen zu einem gern genutzten Mittel geworden, das eigene Unternehmen zu verkleinern und dabei durch Kostensenkung die eigene Bilanz zu konsolidieren. Am häufigsten werden Dienstleitungen wie Datenverarbeitung und Transportgeschäfte ausgelagert, zunehmend jedoch auch Bereiche wie Marketing oder Reinigungsdienstleistungen. Auch für deutsche Unternehmen ist das Downsizing insbesondere im Hinblick auf das Rating-Verfahren der Banken bei der Kreditvergabe von großem Interesse. Doch während weltweit Umstrukturierungen, Auslagerungen oder Stilllegungen von Betrieben oder Betriebsteilen relativ problemlos zu bewerkstelligen sind, sind deutsche Unternehmen durch das streng reglementierende und Arbeitnehmerschaft in hohem Maße bevorzugende deutsche Arbeitsrecht oftmals bereits im Ansatz von der Menge der anstehenden juristischen Problem vor fast unüberwindbare Hindernisse gestellt. Aktuelles Beispiel hierfür ist die deutsche Umsetzung der EG-Richtlinie 2001/23/EG zum Betriebsübergang durch die Ergänzung des § 613a BFB, die zum 01.04.2002 in Kraft getreten ist. Die EG-Richtlinie sieht vor, dass der Arbeitgeber, der einen Betrieb veräußert, seine Arbeitnehmer über Grund und Folgen des Betriebsüberganges aufklären muß. Die deutsche Umsetzung dieser Richtlinie geht jedoch noch weiter. Ohne konkrete Anhaltspunkte für den Umfang und Inhalt der Unterrichtungspflicht vorzugeben, wird eine für den veräußernden Arbeitgeber einschneidende Rechtsfolge bestimmt, wenn er gegen diese Unterrichtungspflicht verstößt. Denn in diesem Fall kann jeder betroffene Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt (d. h. also noch nach Jahren) allein unter Berufung auf diesen Verstoß gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit dem Betrieb auf den Erwerber widersprechen. Folge dessen ist, dass der Arbeitgeber, der möglicherweise Jahre zuvor seinen Betrieb verkauft hat, plötzlich wieder seine früheren Arbeitnehmer unter Vertrag hat. Trotz hoher Bedenken aus juristischen Fachkreisen ist diese Regelung Gesetz und somit ein weiteres unkalkulierbares Risiko für verkaufswillige Unternehmer zementiert worden. Einen nicht unerheblichen Risikofaktor bei Umstrukturierungen, Stilllegungen, Outsourcing oder Unternehmensverkäufen stellt das Vorhandensein eines Betriebsrates dar. Deutsche Betriebsräte sind durch das Betriebsverfassungsgesetz mit einem umfangreichen Instrumentarium zur Mitbestimmung und Mitwirkung bei betrieblichem Maßnahmen ausgestattet. Hat ein Unternehmen einen Betriebsrat, ist es für die Unternehmensleitung fast unmöglich, betriebliche Änderungen durchzuführen, ohne zuvor mit dem Betriebsrat hierüber eine Einigung herbeigeführt zu haben. So gilt z. B. Auch die einfache Personalreduzierung ab einer bestimmten Größenordnung ohne weitere strukturelle Änderungen im Betrieb als eine Betriebsänderung, bei welcher der Betriebsrat zu beteiligen ist. Als Regelwert kann hier im allgemeinen eine Größenordnung von 5 % der Personalreduzierung angenommen werden. Der Arbeitgeber hat – wenn er eine solche Personalreduzierung plant – zum Ausgleich der den betroffenen Arbeitnehmern entstehenden Nachteile einen Interessenausgleich zu schließen. Nimmt der Arbeitgeber eine solche Personalreduzierung vor, ohne zuvor den Betriebsrat zu beteiligen, so folgt allein aus dieser Tatsache, dass der Arbeitgeber allen davon betroffenen Arbeitnehmern die entstandenen Nachteile in Geld auszugleichen hat (gesetzlicher Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG). Der gesetzliche Nachteilsausgleich kommt auch zum Zuge, wenn der Arbeitgeber während der Durchführung der Betriebsänderung bzw. Personalreduzierung von dem vereinbarten Interessenausgleich abweicht. Einweiteres aktuelles Beispiel für eine juristische Hürde, die Umstrukturierungen und Rationalisierungen im personellen Bereich lahm legen kann, ist ein druckfrisches Urteil des Bundessozialgerichts (Az.: B 11 AL 100/01). Das Bundessozialgericht hat entscheiden, dass ein Arbeitnehmer, der mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag über sein Arbeitsverhältnis schließt, mit einer Sperre beim Arbeitslosengeld von bis zum 12 Monaten rechnen muß, wenn er nicht nachweisen kann, dass ihm ohne Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages wirksame gekündigt worden wäre. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Wörtchen „wirksam“, denn dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer bereits vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages juristisch prüfen muß, ob die eventuelle Kündigung auch vor einem Arbeitsgericht Stand halten würden. Da dies schlechterdings unmöglich ist, wird dem Arbeitnehmer nicht anderes übrig bleiben, als auf den Aufhebungsvertrag zu verzichten, sich kündigen zu lassen und sodann in einem Kündigungsschutzverfahren die Rechtswirksamkeit der Kündigung überprüfen zu lassen – dies alles nur, um den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu verlieren. Einer flexiblen Unternehmensgestaltung durch personelle Änderungen oder Anpassungen mittels Aufhebungsverträge dürfte damit ein Riegel vorgeschoben sein, stattdessen werden zukünftig langwierige gerichtlich Auseinandersetzungen einer personellen Umstrukturierung vorangehen. Eine besondere Konstellation ergibt sich, wenn bei einem Betriebsübergang eine nicht unerhebliche Anzahl von Arbeitnehmern widerspricht (z. B. mehr als 5 % der Belegschaft) und somit bei dem alten Arbeitgeber verbleibt, welcher jedoch aufgrund des Betriebsüberganges keine Arbeitsplätze für die widersprechenden Arbeitnehmer mehr zur Verfügung hat. Kündigunsschutzrechtlich wird es hier in aller Regel zu betriebsbedingten Kündigungen wegen Wegfalls der Arbeitsplätze kommen. Betriebsverfassungsrechtlich liegt jedoch zunächst eine Anhörungspflicht des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG vor, sowie möglicherweise die Pflicht zum Abschluß eines Interessenausgleiches. Allen voran stellt sich hierbei die Frage, welcher Betriebsrat zu beteiligen ist: der mit dem Betrieb übergegangene, jetzt also bei dem Betriebserwerber existierende Betriebsrat, oder ein etwaiger Gesamtbetriebsrat des alten Arbeitgebers? Diese juristischen einschließlich deren steuerlicher Feinheiten im Vorfeld eines Betriebsüberganges richtig zu vollständig zu bedenken und zu beachte, ist ohne juristischen Beistand quasi unmöglich. Aber gerade deshalb ist es unbedingt erforderlich, bereits im Vorfeld anwaltlichen Rat einzuholen, denn wenn der Betriebsübergang oder die Betriebsänderungen einmal durchgeführt wurde, lassen sich solche Fehler ohne Versäumnisse kaum noch nachhole. Denn das Gericht stellt bei seiner Beurteilung darauf ab, wie der Arbeitgeber zu Zeitpunkt seiner jeweiligen Entscheidung juristisch korrekt hätte handeln müssen.

Sebastian Korts, M.I.Tax, MBA

DE, Köln

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