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Bleiben oder gehen? So finden Top-Führungskräfte heraus, ob Sie noch zu Ihrem Unternehmen passen

Wenn es eine Konstante gibt, die unsere heutige Zeit am meisten prägt, dann ist wohl die ständige Veränderung selbst. Unternehmen müssen sich spätestens seit der Corona-Pandemie mit radikalen Veränderungen auseinandersetzen – sowohl in Bezug auf ihre Arbeitskultur als auch auf ihre Strategie, angepasst an neue Mindsets, Technologien, Lieferketten, usw. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Führungskräfte immer öfter ihre eigene Position und ihre berufliche Perspektive hinterfragen. Aktuellen Studien zufolge, dachten noch nie so viele Menschen in Deutschland an einen Jobwechsel, darunter fast zwei Drittel im leitenden Management. Der Wandel am Arbeitsmarkt ist da.

Aber wann ist der richtige Zeitpunkt, das Unternehmen zu verlassen, um eine neue Herausforderung in einem anderen Kontext anzunehmen? Welche Faktoren sollten bei dieser Entscheidung gerade im Topmanagement eine Rolle spielen?

 

Selbst kündigen oder auf ein Angebot warten?

Immer mehr Top-Führungskräfte fragen sich also: Ist das noch „mein“ Unternehmen? Zugleich haben sie den Wunsch, nicht passiv zu bleiben, bis das Unternehmen ihnen die Kündigung ausspricht. Deshalb überprüfen viele zunehmend ihre Rolle, ihre Fähigkeiten sowie ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt – und inzwischen auch ihre Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance.

Auf der anderen Seite steht die strategische Überlegung, lieber auf ein Trennungsangebot des Arbeitgebers zu warten, um eventuell eine Abfindung zu bekommen. Viele denken „Wenn sie mich nicht mehr wollen, müssen sie dafür bezahlen.“ Manche erhoffen sich vielleicht sogar, dass das Aufhebungsangebot immer attraktiver wird, je länger sie warten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Hoffnung meistens eine gefährliche Illusion ist.

 

Ehrliche Selbstreflexion schafft die Basis für die Entscheidung

Da Warten und Aussitzen also keine Option sind, ist es wichtiger, den richtigen Zeitpunkt für den Jobwechsel selbst zu wählen. Dies erfordert eine ehrliche Selbstreflexion, genauer gesagt: eine schonungslose Standortbestimmung. 

Da es um wichtige Entscheidungen über die berufliche Zukunft, müssen sich Führungskräfte selbst hinterfragen: 

  • Passt meine Rolle noch zu mir und dem Unternehmen? 
  • Bin ich bereit und fähig, die erforderlichen Anpassungen mitzugestalten? 
  • Sind meine Fähigkeiten und Erfahrungen noch gefragt? 
  • Habe ich noch eine Perspektive in dem umstrukturierten Unternehmen oder in dem sich wandelnden Marktumfeld?

 

 

Wenn diese Fragen nicht klar mit Ja beantwortet werden können, kommt unweigerlich die Überlegung auf: Gibt es einen besseren Ort für mich, um meine Karriere fortzusetzen? Diese Gedanken sind zwar nachvollziehbar, aber auch nicht ohne Risiko.

Die Diskretion eines Wechselwunsches ist unerlässlich

Vor allem wenn Führungskräfte sich einen Überblick über ihre aktuellen Marktchancen verschaffen wollen, um ihre Optionen und Alternativen zu evaluieren, dürfen sie dies nicht öffentlich machen. Die Gefahr ist zu groß, dass dies zu den Ohren der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder der Kolleginnen und Kollegen gelangt und Gerüchte auslöst. Schon der Eindruck, dass man aktiv nach einem neuen Arbeitgeber sucht, kann negative Folgen für die Arbeitsatmosphäre und die Leistungsbereitschaft der Belegschaft haben. Noch schlimmer ist es, wenn Vorgesetzte davon Wind bekämen und unangenehme Fragen stellen oder Konsequenzen daraus ziehen würden. Der Wechsel aus einer souveränen Position heraus ist einem unfreiwilligen Wechsel unter allen Umständen vorzuziehen.

 

Der Dialog mit einem neutralen Sparringspartner garantiert Diskretion

Wenn es um große Entscheidungen wie den Austritt aus dem Unternehmen geht, ist der persönliche Dialog mit einer vertrauenswürdigen Person sehr wertvoll. Gleichzeitig ist es wichtig, einen Sparringspartner zu haben, der sich im Markt und mit den Mechanismen des verdeckten Stellenmarktes für Top-Positionen auskennt sowie ein breites Netzwerk mit wertvollen Kontakten hat. Diese Gespräche sollten in einem geschützten Umfeld stattfinden und auf jeden Fall mit einer Person, die nicht zum eigenen Unternehmen gehört. Hierbei kann individuell und mit einer strukturierten Herangehensweise erörtert werden, wie es beruflich weitergehen soll. Ein neutraler Blick von außen kann zudem neue Perspektiven eröffnen, an die man selbst noch nicht gedacht hat.

 

Veränderung erfordert Klarheit

Es ist wichtig, sich nicht von Unsicherheit oder Hektik leiten zu lassen, wenn sich im Unternehmen große Veränderungen abzeichnen. Stattdessen sollten Top-Führungskräfte sich einen klaren Überblick über die aktuelle Lage verschaffen, die möglichen Folgen abschätzen und die vorhandenen Alternativen prüfen. Zur beruflichen Neuorientierung gehört auch, dass die Karriereziele mittel- und langfristig für die Zukunft definiert und die notwendigen Schritte geplant werden, um diese zu erreichen. Gerade eine erfolgreiche Karriere und authentische Positionierung im Topmanagement sollte nicht dem Zufall überlassen werden. Um Klarheit zu schaffen, helfen selbstkritische Fragen wie:

  • Was ist für mich in der jetzigen Situation der beste nächste Schritt? 
  • Brauche ich zusätzliche Qualifikationen, um mich strategisch besser aufzustellen?
  • Wie würde ich mich mittel- und langfristig fühlen, wenn ich dieses oder jenes getan oder erreicht hätte?

 

Trennung will wohl überlegt sein, bietet aber neue Chancen

Bevor man sich schließlich für eine Trennung seiner derzeitigen Führungsposition entscheidet, sollten auch alle rechtlichen und finanziellen Aspekte berücksichtigt werden, die damit verbunden sind. Besonders für Topmanager können sich die Kündigungsfristen je nach Betriebszugehörigkeit verlängern. Kündigungsfristen von mehr als sechs Monaten sind keine Seltenheit. Außerdem gibt es oft Stichtagsregelungen, Fristen und vertraglichen Klauseln, wovon die Ansprüche auf Altersvorsorge, Long-Term-Incentives oder Halteprämien abhängen.

Sind die Trennungsaspekte und Perspektiven geklärt, ist man bereit, den nächsten Karriereschritt zu gehen. In der heutigen Arbeitswelt sind berufliche Umbruchsituationen auch im Topmanagement keine Seltenheit mehr. Die Digitalisierung, die Globalisierung und die demografische Entwicklung erfordern von Arbeitnehmern eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Gleichzeitig bieten sich dadurch auch neue Möglichkeiten, sich beruflich weiterzuentwickeln, zu spezialisieren oder zu verändern. Wenn sich Führungskräfte bewusst, diskret und umfassend darauf vorbereiten, können sie die Chance nutzen, eine Kurskorrektur vorzunehmen oder lange verschobene Pläne wiederaufzunehmen.

Berufliche Umbruchsituationen bieten stets auch die Möglichkeit, eine Kurskorrektur vorzunehmen oder lange verschobene Pläne wiederaufzunehmen. Besonders bei einem freiwilligen Ausscheiden aus einer bestehenden Position heraus schaffen Klarheit, Diskretion und eine umfassende Vorbereitung die Grundvoraussetzung für einen gelungen Wechsel.

Weitere Artikel zur beruflichen Neuorientierung, Leadership und Networking finden Sie unter www.Topmanager-Blog.de, dem Expertenportal von The Boardroom.

 

Zum Autor
Claus Verfürth ist Geschäftsführer und Partner bei The Boardroom, einer der führenden Karriereberatungen für Top-Führungskräfte. Mit seiner Expertise begleitet er Executives in unterschiedlichen Phasen ihrer Karriere: Ob in der beruflichen Neuorientierung, bei der Suche nach einem Mandat im Aufsichtsrat oder Beirat, ihrer internen Unternehmensentwicklung oder dem Onboarding.